Zusammenfassung "Demokratie und Kapitalismus"

 

Bedingt durch Erkrankung des Referenten Oberndorfer konnten von den drei geplanten Vorträgen nur zwei durchgeführt werden, sodass ein wichtiger Teil des Veranstaltungskonzeptes nicht realisiert werden konnte.

Am Donnerstag, 26. Jänner 2023, startete die Veranstaltungsreihe mit Rainer Bartel, der einen allgemeinen Überblick zum Wirtschaftssystem und die verschiedenen Formen von „Kapitalismen“ gab. Wobei das immer den Einsatz von Geld für die Produktion bedeutet verbunden mit Markt und Wettbewerb.

Bartel meint, dass in der liberalen Theorie das System effizient ist, da es für das Wohlergehen von Menschen sorgt, „obwohl es keinerlei wahres Interesse dafür gibt“ (Adam Smith). Obwohl es einige Punkte gibt, die durchaus dafür sprechen, sind aber Manipulation und Informationsgefälle verbunden mit Marktmacht sowie Entfremdung von der Arbeit und Ausbeutung dabei ebenso Realität. Bartel zitiert Edith

Rose die meinte, dass die Gesellschaft alles tut, „um die Blicke aller von allen Ereignissen abzulenken, welche die wahren Machtverhältnisse verraten“. Damit werden die demokratischen Möglichkeiten auf den Prüfstand gestellt. Bartel benennt die Gefahren: „Rationale Unwissenheit“ der WählerInnen verbunden mit „politischem Unternehmertum“, das Individual- und Gruppeninteressen statt Gemeinwohlorientierung im Focus hat und damit eine Korruptionsanfälligkeit und Populismus einhergehe. Im Gegensatz dazu beschreibt er populäre (Wirtschafts-)Politik u.a. mit folgenden Maßen:

Wirtschaft für den Menschen / für das Leben (auch Umwelt) ?Souveräne Entscheidungen im Möglichkeitsraum ohne Zwang Arbeiten um zu leben, nicht: leben um zu arbeiten ein gutes Leben

Selbstverwirklichung

Fairer Wettbewerb 

Faire Kooperation

Rainer Bartels resümierende Position lautet: Privater Kapitalismus gefährdet die Demokratie nicht, wenn die Marktwirtschaft und das politische System durch stete politische Bemühungen funktionsfähig gehalten werden: Dann ist er demokratischer Kapitalismus.

Im Vortrag "Die nationalistische Rechte in der EU: Staatsumbau, Wirtschafts- und Sozialpolitik" von Joachim Becker verdeutlicht er, dass er grundsätzliche drei Strömungen sieht:

- Eine neoliberale Programmatik (technokratisch / bürokratisch), die Wirtschaftspolitik ist regelgebunden.

Merkmale: Freihandel, Fiskalregeln (EU), Dominanz des Finanzmarktes. Die Sozialpolitik aus der Absicherung der Ärmsten ansonsten private Vorsorge. Ausgrenzung MigrantInnen sowie die gezielte Schwächung von Gewerkschaften.

- Eine national-konservative Programmatik mit der eine Unterminierung der Gewaltenteilung einher geht.

Die Wirtschaftspolitik ist interventionistisch; Merkmale: Staatsinterventionismus, Protektion. In der Sozialpolitik wird die Bindung der Sozialversicherung an das Arbeitsverhältnis wesentlich; Betonung der Familienpolitik; offener gegenüber Gewerkschaften, spielen aber nur eine begrenzte Rolle.

- faschistische Strömungen: diese ist in der EU nicht wirklich relevant (an der Macht).

Insgesamt ist die national-konservative Programmatik oft eine Reaktion auf die neoliberale Programmatik.

- In Westeuropa eher neoliberale Ausrichtung. Beispiele:

Belgien: Neu-Flämische Allianz / Schwächung sozialpartnerschaftlicher Organisation insb. Sozialversicherung / Ausrichtung an

Unternehmerverbänden; Italien: Fratelli dÍtalia / Stigmatisierung im Bereich der Sozialhilfe / Schwächung Gewerkschaften

- In Osteuropa eher national/konservative Ausrichtung. Sehr heterogen.

Beispiele: Polen: PIS / Angriff auf Rechtsstaatlichkeit / Ein-Parteienstaat / strategische Wirtschaftspolitik / Stärkung des einheimischen Sektors, insbesonders Telekommunikation und Energie / traditionelle Nähe zu national-konservativer Gewerkschaft / Unterstützung ärmerer Gruppen

- Ungarn: Fidesz / Unterminierung Medienlandschaft / Betonung

Familienpolitik / Schwächung Gewerkschaften - Unterstützung national-konservativer NGOs.